Wein Wobar
Dr. Cornelia und Dr. Andreas Wobar © Steffen Rasche

Winzerfamilie Wobar aus Großräschen

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Familie Wobar produziert feine Weine inmitten der jungen Ferienregion Lausitzer Seenland und belebt damit eine alte Tradition wieder neu. Nach Voranmeldung ist es möglich an einer Weinbergführung inkl. Weinverkostung teilzunehmen. Hier bekommt ihr viel spannende Informationen zum Weinanbau allgemein und Wissenswertes zur Wiederbelebung des Weinbaus in Brandenburg mit auf den Weg. Natürlich dürft ihr alle Weine verkosten. Uns hat es sehr gut gefallen auf dem steilsten Brandenburger Weinberg! Deshalb freuen wir uns, dass Familie Wobar sich dazu bereiterklärt hat für ÄRNTE.design ein Interview zu geben.

Kontakt: Dr. Andreas und Dr. Cornelia Wobar · 0151 – 116 223 15 · www.weinbauwobar.de

Bitte stellt kurz euren Betrieb vor!

Wir sind ein Familienbetrieb mit Landwirtschaft und Weinbau. Der Weinberg am Großräschener See ist Brandenburgs einzige Steillage mit 30-33 % Hangneigung. Das typisch mitteleuropäische Klima steht unter Kontinentalklimaeinfluss, zu den Weinanbau begünstigenden Faktoren zählen die 2018 Sonnenscheinstunden im Jahr und die Tag-Nacht-Temperaturunterschiede sowie die 51 Sommertage (Tage mit 25° C und darüber). 

Aufgerebt hat ihn unsere Winzerfamilie Wobar 2012 und 2013 an einer stehengebliebenen Böschung des ehemaligen Tagebaus Meuro auf natürlich gewachsenem Boden. Bei der Sortenwahl haben wir auf moderne Neuzüchtungen gesetzt. Unsere Philosophie ist es, Genuss und Nachhaltigkeit zu vereinen. Alle Trauben werden in Handlese geerntet. Die Rebsorten Solaris, Johanniter, Cabernet blanc und Pinotin sind ausschließlich pilzwiderstandsfähige Rebsorten (=PIWIS). Dadurch müssen gegenüber traditionellen Rebsorten bis zu 80% weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, es findet weniger Bodenverdichtung und weniger CO2–Ausstoß statt. 

Die Zwischenbegrünung zwischen den Rebzeilen wirkt der Bodenerosion entgegen und bewirkt eine hohe Biodiversität. Eine Tröpfchenbewässerung unterstützt die Wasserversorgung der Reben besonders in den Jungfeldjahren und in Zeiten der Frühjahrstrockenheit. Das Rebholz und die bei den Laubarbeiten anfallende Biomasse verbleiben im Weinberg und tragen zum Stoffkreislauf bei. Der Geschiebemergelboden, die Südhanglage und das besondere Mikroklima am Großräschener See sind beste Voraussetzungen für eine hohe Qualität der erzeugten fruchtigen Weine, die wir sortenrein im sächsischen Weinhaus Prinz zur Lippe ausbauen lassen.

Seit wann vermarktet ihr direkt?

Mit der Direktvermarktung haben wir unmittelbar nach der Aufrebung 2012 begonnen. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt zwar noch keinen eigenen Wein, da man ja drei sogenannte Jungfeldjahre warten muss, bevor die Trauben einer Rebanlage  das erste Mal geerntet werden können. Wir waren aber so sehr von unseren PIWI-Rebsorten überzeugt und wollten diese unbedingt bekannt machen. Wir haben uns mit Winzern unserer Region vernetzt und diese von Anfang an als Partner nicht als Konkurrenz gesehen. Wir haben dann zu verschiedenen Veranstaltungen unsere Philosophie Wein zu machen erklärt und Weine unserer Winzerkollegen verprobt. 

Unser Tipp: Mit der Direktvermarktung beginnen, bevor das Produkt da ist!

Wie und warum habt ihr angefangen mit der Direktvermarktung?

Angefangen haben wir mit Weinbergführungen und Weinproben, um Aufmerksamkeit zu generieren und Kunden zu gewinnen. Die Vorurteile gegenüber einem Wein in unserer Gegend waren sehr groß.  Wenn Du dem Verbraucher zeigst, wie Du den Wein machst und er erkennt, wie Du Dein ganzes Wissen, Deinen Fleiß und Deine Ausdauer in das Produkt steckst, dann ist er auch bereit den Preis dafür zu zahlen, den Du brauchst, um den Weinberg nachhaltig bewirtschaften zu können.

Vermarktet ihr ausschließlich direkt oder gehen einige Erzeugnisse auch an Großabnehmer?

Unsere Vermarktung ist ein Mix aus Direktvermarktung und Zusammenarbeit mit Hofläden von Landwirtschaftsbetrieben, für die unser Wein eine gute Ergänzung zu ihrem Sortiment darstellt. Weiter vertreiben wir unseren Wein im regionalen Einzelhandel und in touristischen Shops über eine Präsentation als „regionales Produkt“ und seit diesem Jahr auch in einem Onlineshop über unsere Website. Privatkunden beliefern wir im Umkreis von ca. 50 km direkt. Wir nehmen darüberhinaus auch an Messen und Regionalmärkten teil.

Erzählt uns von eurem Produktsortiment!

Unser Sortiment besteht aus Weißweinen (Solaris, Johanniter, Cabernet blanc), Rotweinen (Pinotin), Sekt in traditioneller Flaschengärung und Balsamico aus eigenen Trauben. Wir bieten keine Fremdprodukte an.

Was ist das Besondere an euren Weinen?

Das Besondere an unseren Produkten ist, dass alle Weine zu 100% aus den Reben gemacht werden, die auf unseren Flächen wachsen. Wir kaufen keine Trauben zu. Wir sind begeistert von PIWIs und haben uns bewusst für diese entschieden, auch wenn diese Neuzüchtungen beim Verbraucher noch unbekannt sind.

Wir bauen zu 100% pilzwiderstandsfähige Rebsorten an und  müssen damit bis zu 80% weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen als es bei traditionellen Rebsorten notwendig für die Traubengesundheit ist! Das wollen wir kommunizieren und setzen auf eine transparente Produktion. Wir bieten Tage des offenen Weinbergs und individuell geführte Touren mit der Winzerfamilie an. Wir nutzen über das Jahr viele Gelegenheiten, um mit dem Verbraucher ins Gespräch zu kommen.

Welche Anfangsschwierigkeiten gab es bei euch in der Direktvermarktung, falls es welche gab?

Zu den Anfangsschwierigkeiten zählen wir vor allem die weinrechtlichen Vorschriften der Etikettierung, der Verpackung, der Transportpapiere etc.

Schwierig ist es auch, einen qualitativ hochwertigen Wein in einem sogenannten Landweingebiet zu platzieren. Wir haben uns um den Marketingpreis des Landes Brandenburg in der Kategorie Ernährungswirtschaft beworben und den 1. Platz erzielt – das hat uns Türen geöffnet! Wir haben unsere Weine bei internationalen Weinwettbewerben angestellt und von einer unabhängigen Jury die Qualität unserer Weine und Sekte beurteilen lassen. Die GOLD- und SILBER-Medaillen sind wichtig für uns in der Kommunikation mit den Kunden. 

Habt ihr Probleme mit saisonalen Schwankungen im Angebot bzw. der Nachfrage eurer Produkte?

Es sind nicht immer alle Sorten verfügbar, aber das ist gut erklärbar, da es sich ja um ein Naturprodukt handelt. Der Vorteil beim Wein gegenüber frischen Lebensmitteln ist, dass er kein Mindesthaltbarkeitsdatum hat. Unser Rotwein hat auf Grund der hohen Qualität ein gutes Lagerungspotenzial. Das sagen wir auch unseren Stammkunden, die sich dann auch gern mal einen Vorrat anlegen.

Inwiefern arbeitet ihr mit anderen Betrieben zusammen? 

Ja, wir haben uns mit Brandenburger Winzern vernetzt. Wir sind Gründungsmitglied der Fachgruppe Weinbau des Landes Brandenburg, wir organisieren Fachtagungen und gemeinsame Aktionen, z. B. den Tag des offenen Weinbergs.

Ihr leistet Pionierarbeit in einem nicht anerkannten Weinbaugebiet – wie reagieren die Menschen auf eure Weine? Gibt es eine Anekdote dazu?

Ja, die Gäste hier im Lausitzer Seenland sind immer wieder überrascht, wenn Sie uns im Weinberg arbeiten sehen. Die am häufigsten gestellte Frage in den ersten Jahren war: Dürft Ihr das denn, hier Wein anbauen? Denn man braucht ja bekanntlich ein Rebrecht, um Wein anzubauen und ihn zu vermarkten.

Inzwischen hat sich unser Weinberg an dieser exponierten Lage schon herumgesprochen, und viele Gäste kommen, um unseren Wein zu probieren. Viele kennen dann die Sorten nicht und denken das sind Phantasienamen. Als wir das erste Mal den Johanniter auf der regionalen Messe vorgestellt haben, gingen die Gespräche bei den Großräschenern etwa so: 

„Hast Du schon gehört, auf der Messe gibt’s Johanniter!“ 

„Ach, ich dachte dort steht das DRK an einem Stand…“ 

„Ja, die stehn auch da und daneben die Wobars mit ihrem Johanniter-Wein!“

Wie sieht euer Alltag als Direktvermarkter aus?

Unser Alltag? Wir leben Wein. Es vergeht praktisch kein Tag, an dem wir nicht im Wein arbeiten, mit Kunden über den Wein ins Gespräch kommen oder Wein-Schreibkram machen (müssen). Das schöne am Weinverkauf mit direktem Kundenkontakt: es macht immer noch Spaß wie am ersten Tag! 

Es wird nie langweilig. Aber: Es bleibt auch anstrengend. Die Herausforderungen hören nicht auf. Die Messlatte bleibt ganz oben. Man muss sich als Direktvermarkter immer wieder neu erfinden, den Verkaufstresen mal von der anderen Seite sehen, sich in den Kunden hineindenken. 

Was wünscht ihr euch fürs nächste Jahr?

Wir wünschen uns 

  • dass unsere Familie und unsere Reben gesund bleiben,
  • dass unsere Reben den Winter und die Eisheiligen gut überstehen,
  • dass unser neuer Jahrgang gut gelingt,
  • dass uns unsere Stammkunden treu bleiben und wir neue Kunden gewinnen, die die Botschaft von unseren neuen tollen Reben und Weinen in die Welt hinaus tragen,
  • dass viele der in diesem Jahr ausgefallenen Veranstaltungen 2021 wieder stattfinden.

Was bedeutet Direktvermarktung für euch?

Direktvermarktung bedeutet für uns: durch den direkten Kontakt mit dem Kunden entsteht Kundenbindung. Wir werden weiterempfohlen. Wir können den Preis für unser Produkt bestimmen. Der Preis stimmt für beide Seiten (Käufer und Verkäufer). 

Was ist das Beste daran?

Das schöne an der Direktvermarktung ist: es gibt sofort ein Feedback und unsere Arbeit wird wertgeschätzt. 

Euer Rat für Kolleginnen und Kollegen? 

Schaut, was andere Direktvermarkter machen und lernt von Ihnen! Kauft in Hofläden ein, bringt von jedem Einkauf eine gute Idee für die Vermarktung Eures Produktes mit! Vernetzt Euch mit Gleichgesinnten. Bleibt ehrlich zu Euch selbst. Seid authentisch. Versucht nicht in ein Konzept einzusteigen, dass nicht zu Euch passt. 

Stefanie Haser
Stefanie Haser
Stefanie ist der kreative Kopf der Agentur. Wenn sie nicht am Computer sitzt und Websites erstellt, verbringt sie ihre Zeit gern im Gemüsegarten. Ihr Organisationstalent hält den Betrieb zusammen, geht nicht, gibt’s nicht. Sie liebt Erdbeeren und die Sonne.

Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen wird hier und im folgenden Text zwar nur die männliche Form genannt, stets aber die weibliche und andere Formen gleichermaßen mitgemeint.

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