© Markus Spiske

Das (Haupt-)Problem der Landwirtschaft

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Wir erleben gerade, dass die Landwirtschaft, so wie sie jetzt ist, an einem Kipp-Punkt steht. Falls sich nichts ändert, wird der Strukturwandel sich so schnell beschleunigen, dass in kurzer Zeit nur noch wenige Bauern ihren Beruf ausüben werden. Das erfüllt mich mit großer Trauer und ich möchte euch im folgenden meine Ansicht dazu schildern.

Monopolistische Festungen

Das Hauptproblem der Landwirtschaft ist der nachgelagerte Bereich der Lebensmittelproduktion. Die Lebensmittelindustrie und der Handel existieren nur dadurch, dass die Bauern ihnen die Rohstoffe liefern, mit denen sie Geschäfte machen. Die verarbeitende Industrie und der Handel haben sich zu monopolistischen Festungen entwickelt, die schwer einnehmbar sind. Durch diese Marktmacht ist es für die Landwirte nicht möglich über Bedingungen und Preise zu verhandeln. Es werden die Preise diktiert.

Die Verhandlungsposition der Bauern wiederum ist denkbar schlecht, weil sie von der Lebensmittelindustrie und dem Handel gegenwärtig abhängig sind. Wir befinden uns hier in einem geschlossenen Kreis. Solange dieser nicht durchbrochen wird, wird sich für die Produzenten nichts ändern. 

Von dem einen Euro, der an der Ladentheke vom Verbraucher bezahlt wird, kommt am Ende beim Erzeuger irgendwas zwischen 10 und 20 Cent an, wenn überhaupt. Der Rest ist Wertschöpfung durch Verarbeitung und Handel. Im nachgelagerten Bereich passiert die Wertschöpfung und dadurch entsteht Wohlstand. Nicht ohne Grund gehören die Familien Albrecht, Albrecht und Schwarz zu den reichsten Deutschen.

Am Anfang waren es die Bauern, die gemeinsam in Genossenschaften die Lebensmittel verarbeitet und vermarktet haben. Aber irgendwann wurde die Produktion von dem Rest abgeschnitten. Seitdem stagniert das Einkommen auf Seiten der Bauern und wächst exponentiell auf der Seite der anderen. Hierdurch wird klar, welches Potential die Lebensmittel mit sich bringen. 

Es ist so, dass die Landwirtschaft in erster Linie keine Lebensmittel mehr für Menschen produziert, sondern Rohstoffe zur Gewinnmaximierung von Lebensmittelindustrie und Handel. Von denen offenkundig niemand an gesunden Lebensmitteln interessiert ist.

Allein fünf Lebensmittelhändler halten 75% des gesamten deutschen Marktes in ihren Fingern: Edeka Gruppe, Rewe Gruppe, Schwarz Gruppe, Aldi Nord/Aldi Süd, Metro Gruppe. Der Markt ist hochkonzentriert. Durch die Monopolisierung von Lebensmittelverarbeitern und -händlern akkumuliert sich hier immer mehr Kapital und Macht. Das führt dazu, dass von deren Seite durch Lobbyisten auch wahnsinnig viel Druck auf die Politik gemacht wird. Das führt wieder dazu, dass das passiert, das die Politik viel mehr auf den Handel als die Landwirtschaft Rücksicht nimmt: #ministergenehmigunggabrielzurübernahmevontengelman

Ausbrechen, aber wie?

Es muss die Landwirtschaft sein, die aus diesem Kreis ausbricht! Der Handel hat keinen Grund dafür, denn für den Handel läuft es ja gut, so wie es ist. Je mehr Marktanteile die Landwirtschaft sich zurückholen kann, umso mächtiger wird sie wieder werden. Wir haben aktuell ein Zustand, in dem der Bauer eigentlich nur ein Angestellter des Großabnehmers ist. Um der Landwirtschaft ihre Macht, Geld und ihren Stolz zurückzubringen, braucht es Marktanteile an der Wertschöpfungskette in Bauernhand. Und umso mehr Marktanteile wieder bei der Landwirtschaft sind, umso mehr Einfluss wird unsere Zunft wieder auf die Politik haben.

Solange wir die Heilige Kuh der Großabnehmer nicht schlachten, solange wird sich die Negativ-Spirale immer und immer schneller drehen!

Es ist eine Lüge vom Handel, dass sie keine höheren Preise zahlen können. Sie wollen nur nicht. Und schieben den schwarzen Peter dem Verbraucher zu. Der Handel hat kein Interesse daran, den Bauern mehr Geld für ihre Rohstoffe zu zahlen. Wenn das Interesse da wäre, würden sie zahlen. Verdienen würden sie dafür jedenfalls genug. 

Wir sind im Kapitalismus und im Kapitalismus lassen sich die Dinge nur mit Geld bzw. Marktanteilen ändern. Die Landwirtschaft muss sich ihr Stück vom Kuchen also selbst holen. Politik und Wirtschaft werden das nicht tun. Die Landwirtschaft muss ihrer Opferrolle entwachsen und selbst aktiv werden. Nicht jammern, nicht betteln, handeln. Je mehr alle jammern, umso weniger werden wir von Politik, Handel und Verbrauchern ernst genommen.

Es gibt aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten zu handeln: 

  1. Der Einstieg in die Direktvermarktung oder
  2. kollektives Arbeiten in Genossenschaften. 

Beim Handel protestieren und am Ende doch zu den entsprechenden Konditionen zu liefern, gehört auf jeden Fall nicht die Kategorie „Aktiv werden“.

Daniel Haser
Daniel Haser
Daniel ist begeisterter Jack London Leser. Er ist in einem Vieh- und Fleischhandel groß geworden. Seine Leidenschaft ist der Obstbau, weswegen er sich für den Beruf des Landwirts entschieden hat. Er kocht gern und hört Death Metal.

Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen wird hier und im folgenden Text zwar nur die männliche Form genannt, stets aber die weibliche und andere Formen gleichermaßen mitgemeint.

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