Für eine erfolgreiche Direktvermarktung im Endkundengeschäft bedarf es einer gewissen geistigen Haltung. Diese Grundhaltung ist das Fundament deines Schaffens. Ich zeige dir im Folgenden 10 Punkte, die Voraussetzung sind für den Einstieg und den Erhalt einer soliden Direktvermarktung. Du kannst diesen Artikel auch als eine Art Entscheidungshilfe betrachten. Wenn du dir noch nicht sicher bist, ob Direktvermarktung „dein Ding“ ist, hilft dir dieser Artikel sicher dabei eine Entscheidung zu treffen.
1. Die Liebe zum Lebensmittel
Als Direktvermarkter sollte es dir Freude machen, dich mit deinen Rohstoffen intensiv auseinander zu setzen. Nur wenn dir der Umgang mit Essen Freude bringt und am Herzen liegt, entstehen am Ende auch richtig gute Produkte. Was birgt dein Betrieb für Produkte und was kannst du alles daraus machen?
Veredeln und Verarbeiten ist ein sehr spannendes Feld, das dir die nötige Wertschöpfung bringt, um ein ordentliches Einkommen zu erwirtschaften. Variante A: Du machst irgendwas, Hauptsache das Zeug ist verwertet. Oder du verfolgst Variante B: Mit jedem Handschlag am Lebensmittel, siehst du zu, dass es den besten Geschmack mit der höchsten Güte erfüllt.
Hierbei geht es nicht darum möglichst viele B-Eier in eine Flasche Eierlikör zu stopfen, damit sie verräumt sind oder möglichst wenige, damit du eine größere Menge rausbekommst. Es geht darum den besten Eierlikör zu produzieren, der dir möglich ist.
Deine Leidenschaft zu den Nahrungsmitteln, die du produzierst, sollten immer im Vordergrund stehen und nicht die Umstände, die dazu führen. Im Umkehrschluss, wird dich deine Liebe zu Lebensmitteln zu großartigen Ergebnissen führen und damit auch zu glücklichen Kunden und zum Erfolg.
2. Der Kunde ist König
Das stimmt natürlich nicht ganz, ist aber auch nicht ganz falsch. Am Ende ist der Kunde derjenige, der dir das nötige Geld bringt, damit du deine Rechnungen bezahlen kannst. Folglich braucht es eine große Portion Geduld, Respekt und Freude im Umgang mit deinen Kunden.
Wenn dir der Umgang mit Menschen also wenig Spaß macht und du anderen nicht gerne zuhörst, wird dir die Direktvermarktung kein Glück bringen und dementsprechend auch nicht zum Erfolg führen. Du brauchst unbedingt eine positive Grundhaltung gegenüber deinen bestehenden Kunden und auch gegenüber potentiellen Neukunden. Nur dann wird die Vermarktung für beide Seite zum Gewinn.
3. Produktverantwortung
Du bist Schöpfer jedes einzelnen Produkts. Egal, ob du kooperativ mit anderen zusammenarbeitest oder selbst die Weiterverarbeitung übernimmst. Direktvermarktung bringt zwei Formen von Verantwortung mit sich: Du hast einerseits Verantwortung gegenüber der Gesundheit deiner Kunden und andererseits verantwortest du die Güte deiner Waren.
Das oberste Gebot bei der Produktion und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln ist die Sicherheit, das keinem Verbraucher dadurch ein gesundheitlicher Schaden entsteht. An jeder einzelnen Station, die deine Produkte durchwandern bis sie fertig sind, inklusive der Lagerung, muss mit allen Mitteln sichergestellt sein, dass nichts daran schlecht werden kann. Hygiene und solides Handwerk müssen immer mit dem unumstößlichen Anspruch behandelt werden, dass alle Risiken auf ein maximales Minimum reduziert werden. Gib Lebensmittel nur dann an deine Kunden weiter, wenn du dir ganz sicher bist, dass sie einwandfrei hergestellt wurden und bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (bei korrekter Lagerung) verzehrfähig sind. Falls du Zweifel hast, gib das Produkt nicht raus. Jedes einzelne Produkt ist nicht nur deine Visitenkarte, sondern auch das Fundament deines Betriebs.
Produktverantwortung bedeutet, dass alle deine Produkte mit dem größtmöglich Anspruch an Qualität einhergehen müssen. Dir als Direktvermarkter muss klar sein, dass deine Produkte zwangsläufig besser sein müssen, als die im Handel angebotenen Waren. Falls nicht, gibt es keinen Mehrwert für deine potentiellen Kunden regelmäßig bei dir einzukaufen.
Deine Kunden müssen mit Qualität belohnt werden, da sie ja in der Regel extra zu dir an den Hof kommen und etwas mehr Geld für deine Produkt bezahlen. Wenn deine Produkte exzellent schmecken, werden deine Kunden freiwillig für dich Werbung machen und ihrem Umfeld von dir und deinen Produkten erzählen. Das ist die beste und günstigste Form der Werbung, die es für dich als Regionalvermarkter gibt!
4. Regionalität
Du musst dir vergegenwärtigen, dass du als Direktvermarkter auch ein Kämpfer für mehr Regionalität bist. Im deinem Schaffen geht es nicht nur um deinen Betrieb. Es geht auch um die Gestaltung deiner Region, deiner Heimat.
Du begibst dich mit dem Einstieg in die Vermarktung in die Rolle eines Gestalters deiner Umgebung. Egal, ob du auf die Infrastruktur von umliegenden Betrieben zurückgreifst oder selbst Infrastruktur aufbaust und diese dann später anderen Betrieben zur Verfügung stellst. In beiden Fällen steigerst du die Wertschöpfung und im Umkehrschluss den Wohlstand deiner Heimat. Regionaler Infrastrukturaufbau funktioniert immer in Gemeinschaft mit verschiedenen Unternehmern im Wechselspiel mit den Verbrauchern.
Dein Gestaltungsspielraum geht natürlich noch viel weiter. Als Direktvermarkter bekommst du leichter die Möglichkeit neue und landwirtschaftliche Kulturen auf deinem Hof auszuprobieren. Durch eine hohe Diversifizierung der Landwirtschaft innerhalb einer Region, steigt auch die Wertschöpfung in diesem Gebiet, weil dann Marktanteile von Waren in die Region fließen, die vorher gar nicht da waren. Die Vermarktungslage von frischen Speisepilzen oder Chilis zum Beispiel ist natürlich dort besonders gut, wo es den Anbau dieser Kulturen bisher nicht gibt.
5. Flexibilität
Als Direktvermarkter steigst du im übertragenen Sinn in eine Achterbahn, die mal ganz langsam nach oben fährt, mal rasant nach unten und mal dreht sie sich im Kreis. Wenn du dein Leben am liebsten statisch und ruhig führst, wird dir die Direktvermarktung dein Leben nicht vereinfachen. Die Direktvermarktung ist ein Abenteuer! Ein Wechselbad der Gefühle, Anforderungen und Möglichkeiten. Kein Tag ist wie der andere.
Darum ist es enorm wichtig, dass du dich mental damit arrangierst, chronisch mit dem Unvorhersehbarem konfrontiert zu werden. Du brauchst geistige Flexibilität um angemessen auf deine täglichen Herausforderungen reagieren zu können. Eines der Kernprobleme des Unternehmerdaseins ist, dass Theorie und Praxis zwei unterschiedliche Dinge sind:
„Die Theorie träumt, die Praxis belehrt.“
Karl von Holtei
Das soll heißen, im praktischen Alltag verhalten sich die gedachten Situationen oft anders als vorher geplant. Aber wer das Lösen von Problemen spielerisch annimmt, wird das gut machen und durch jede gemeisterte Aufgabe besser für die Zukunft gewappnet sein. Was am Ende dazu führt, dass die Überraschungen im Tagesgeschäft abnehmen.
6. Kreativität
Wie auch bei jedem anderen Unternehmen ist eine große Portion Kreativität notwendig um einen erfolgreichen Betrieb aufzubauen und zu führen. In der Produktion bedeutet das: Welche Kulturen kannst du wie und wo anbauen? Die Direktvermarktung lässt dir enormen Spielraum, um diverse Anbauversuche zu starten.
In der Verarbeitung bedeutet kreativ sein: Was kannst du alles aus deinen Rohstoffen kreieren? Hier sind deiner Phantasie keine Grenzen gesetzt. Je mehr unterschiedliche Produkte du am Ende aus deinen Erzeugnissen hervorbringst, umso interessanter ist dein Sortiment für deine Kunden.
In der Vermarktung bedeutet Kreativität: Wie finde ich die nötigen Kunden für meinen Absatz? Egal ob im Feld oder im Netz, in jedem Fall braucht es hier einfallsreiche Strategien, damit du dich aus der Masse hervorhebst.
Zu guter Letzt, das Design deiner Produkte: Wie kannst du deine Produkte und deinen Betrieb am besten präsentieren? Bei der Gestaltung deiner Produkte, deines Logos oder der Internetseite ist es sehr wichtig, deine Kernwerte bildlich, farblich und formlich zu untermauern. Somit entsteht für den Kunden ein klares Bild deiner Sache.
Im Umkehrschluss steigt durch eine höhere Kreativität auch die Innovation in deinem Betrieb. Auf dem Spielfeld der Direktvermarktung gibt es noch so viele ungehobene Potentiale, die durch die Innovationsbereitschaft jedes einzelnen ans Licht kommen können. Die Zeiten, in denen wir uns befinden, machen es unabdingbar, dass wir uns kreativ Vermarkten, da die Kunden genau diesen Anspruch an uns stellen. Wenn du diesen Ansprüchen gerecht wirst, honoriert deine Kundschaft das auch.
7. Transparenz
Das Gebot der Stunde ist, den Verbrauchern wieder Vertrauen in Lebensmittel und die Landwirtschaft zu schenken. Dafür ist Transparenz und Offenheit unerlässlich. Durch einen klaren und aufgeschlossenen Einblick in deine Arbeit und Produktion entsteht wieder ein Glaube an die Richtigkeit der Arbeit der Landwirtschaft.
Es gibt täglich neue Meldungen und Skandale im Bereich der Lebensmittel, deren Erzeugung sowie Verarbeitung, sodass bei der Bevölkerung eine riesige Unsicherheit diesbezüglich vorherrscht. An diesem Punkt musst du als Direktvermarkter ansetzen und die Leute dort abholen. Zeig ihnen wie und was du produzierst. Sei immer ehrlich und gewähr auch Einblicke in deine Erzeugung. Es geht darum, die Beziehung mit den Bürgern wieder aufzubauen. Erst wenn die Menschen wieder in die hiesige Landwirtschaft vertrauen, werden sie sich politisch, gesellschaftlich und konsumtechnisch für uns Bauern einsetzen.
Hab keine Scheu ehrlich zu sein. Jeder Arbeitsschritt an deinem Betrieb hat gute fachliche Gründe. Diese gilt es aufzuzeigen und den Kunden zu kommunizieren. Auch bei unpopulären Themen wie Pflanzenernährung und Pflanzenschutz sind deine Kunden bereit zu verstehen, wenn ihnen endlich jemand vernünftig erklärt, warum bestimmte Arbeitsschritte notwendig sind.
8. Risikobereitschaft
Frei nach dem Motto „wer nichts wagt, der nichts gewinnt“ sollte dir klar sein, dass es kein allgemein-gültiges Rezept für deine Direktvermarktung gibt! Jeder einzelne Betrieb hat unterschiedliche Ressourcen, Marktsituationen und Kontakte. Das führt dazu, dass jeder individuelle Probleme und Notwendigkeiten auf seinem Hof hat, für die es keine universellen Lösungen gibt.
Um diese unternehmerischen Probleme zu bewältigen, bedarf es einer guten Portion Risikobereitschaft. Es gibt Tage, an denen du gewinnst und dementsprechend auch Tage, an denen du verlierst. Aber dir muss klar sein, dass die Direktvermarktung keine Komfortzone ist, in der alles immer einfach ist. Du musst Dinge ausprobieren, wirst hinfallen und wieder aufstehen.
Je gereifter dein Betrieb ist und umso mehr von diesen Situationen hinter dir liegen, umso leichter werden dir Lösungen für schwierige und neue Situationen fallen. Jede Erfahrung lehrt dich mehr über dein Schaffen und du wirst immer öfter gewinnen als verlieren.
Sei mutig und geh auch mal ein Wagnis ein. Im Endeffekt lernst du aus gescheiterten Erlebnissen sogar meist mehr als aus siegreichen. Und wenn du immer dazu lernst, verlierst du im Prinzip nie.
9. Bildung
Du bist in der Direktvermarktung Lehrer und Schüler zugleich. Du lehrst deine Kunden über die Produktion und Produkte. Andersherum unterliegst du selbst täglich dem Lernen über die Verbraucher, deinen Betrieb, die Natur, die Vermarktung.
Deine Kunden werden dir auch ab und zu Fragen stellen, die du nicht beantworten kannst. Hier ist es wichtig, dass du dich im Nachgang diesbezüglich informierst. Dann kannst du dem Kunden beim nächsten Mal eine Antwort geben und bist in Zukunft für die gleiche Frage von anderen Kunden gewappnet.
Verbraucherbildung ist einer der massiven Stützpfeiler der Direktvermarktung. Zum einen baut das Wissen über deinen Betrieb und deine Erzeugnisse eine innige Beziehung zwischen dir und deiner Kundschaft auf. Zum anderen gibt es meiner Auffassung nach eine ungeschriebene Verantwortung eines jeden Bauern, seiner Zunft und seiner selbst gegenüber, sich konstant für die Bildung der Bevölkerung über Landwirtschaft, Natur und Lebensmittel einzusetzen. Da die Kluft zwischen den Produzenten und den Konsumenten so tief ist, muss im Bereich der Bildung die Verantwortung von Seiten des Bauern ausgehen.
Wer in diesem Kontext besonders von uns Direktvermarktern berücksichtigt werden sollte, sind die Kinder. Die Lehrpläne behandeln die landwirtschaftliche Produktion unzureichend und die Eltern, können bei diesem Thema in der Regel auch nicht helfen. Unter den Kindern, die wir erreichen, befinden sich zukünftige Politiker, Umweltschützer, Einzelhändler, Landwirte uvm. Wer sich mit hier Mühe gibt, tut sich selbst und am Ende der gesamten Landwirtschaft einen großen Gefallen. Zudem sind natürlich die Kinder von heute auch deine Kunden von morgen und werden solange sie noch Kinder sind allzu gern Familienausflüge zu dir an den Hof anregen, wenn sie da gerne willkommen sind.
10. Freiheit
Als Direktvermarkter bist du frei. Genieße, lebe und nutze deine Freiheit. Der Spruch „lieber ein kleiner Chef als ein großer Knecht“ trifft hier ganz genau zu. Deine Freiheit ist die Belohnung für deine Strapazen.
Du kannst dir deine Vertriebswege, Geschäftspartner und Angestellten selbst aussuchen und niemand zwingt dich, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die du nicht magst. Auch deine Produktionszweige unterliegen nur dir selbst. Ohne Anbauverträge kannst du dich von dem Druck eines Großabnehmers befreien und musst niemandem außer dir selbst und deinen Kunden Rechenschaft ablegen.
Verstehe deine Freiheit und mach dich ihrer mächtig, denn das ist die große Stärke, die du durch die Direktvermarktung gewinnst!
Fazit
Die Direktvermarktung ermöglicht dir aus betrieblicher Sicht viel Spielraum. Durch entsprechende Erlöse hast du die Möglichkeit landwirtschaftliche Produkte anzubieten, die es so in deiner Region noch nicht ab Hof zu kaufen gibt. Durch gute Qualität und der Kommunikation mit deinen Kunden ist dir ein gewisses Grundrauschen an lokaler Werbung durch Mund-zu-Mund-Propaganda sicher. Sei kreativ und halte die Ohren steif! Wenn du die hier aufgeführten Punkte verinnerlichst, werden alle Stürme über dich hinwegziehen. Der Erfolg wird nicht lang auf sich warten lassen!